Ein ganzes Leben für das Akkordeon

Am 5. Februar 2021 ist für Ingeborg Mückenberger nach 94 Jahren ein vollständig von der Liebe und Hingabe zur Akkordeonmusik erfülltes Leben zu Ende gegangen.

„Die richtige Freude macht Musik erst dann, wenn man sie mindestens zu zweit spielt!“

Das war der Wahlspruch dieser begnadeten Musikpädagogin und so saß jeder ihrer Schülerinnen und Schüler nach kurzer Zeit in einer Spielgruppe, besser einem Orchester, mindestens aber in einem Duo. Und genau deshalb ist aus ganz wenigen ihrer Eleven ein ausgewiesener Akkordeon-Solist geworden, aber die Schar der von Ingeborg Mückenberger ausgebildeten Orchestermusiker zählt viele Hunderte. Mehr als ein Dutzend Dirigentinnen und Dirigenten hat ihr Wirken hervorgebracht und eine vergleichbare Anzahl Orchester hat sie gegründet. Es ist unglaublich, aber in ihrer Spitzenzeit leitete sie elf (!) dieser Orchester gleichzeitig. Allein in München und im Münchner Westen gibt es davon eine Handvoll, die auch heute noch Konzerte geben – mehr als zwanzig Jahre, nachdem die „Senior-Chefin“ den Taktstock an ihre Nachfolger weitergegeben hat. Der letzte Wechsel erfolgte im Alter von 73 Jahren, als sie die Leitung des Akkordeonorchesters Unterpfaffenhofen (AOU) nach 24 äußerst erfolgreichen Jahren abgab.

Schon gleich nach Beginn ihrer eigenständigen Lehrtätigkeit in München trat das Akkordeonorchester Mückenberger-Quintenz (Quintenz war ihr Mädchenname) mit Sitz in der Augsburger Straße Ende der 1950er Jahre regelmäßig in den Münchner Konzertsälen auf. Die Höhepunkte ihres Dirigentenschaffens waren sicher die Titel beim Harmonika-Welt-Festival in Luzern im Jahr 1968 (Akkordeonorchester Mückenberger-Quintenz) und beim Internationalen Akkordeon-Festival in Innsbruck im Jahr 1989 (AOU), Rundfunkaufnahmen im BR und fast 40 Konzertreisen. Ihre Persönlichkeit wurde 1994 durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes entsprechend gewürdigt.

Legendär und stilbildend für alle ihre Schüler war ihre Begeisterung und ihr unermüdlicher Einsatz für Originalliteratur für Akkordeonorchester, die sie schon aus den Ausbildungstagen in Trossingen von den ersten Meistern Hermann Schittenhelm, Hugo Herrmann, Hugo Noth und Tillo Schlunck aufgesogen hatte. Den allergrößten Einfluss als Orchesterleiter hatte aber der bis heute legendäre Rudolf Würthner. Von ihm hat sie gelernt, welche Leistungen man auch von Laienmusikern verlangen kann, wie man ein Orchester-Repertoire aufbaut und wie Konzertprogramme gestaltet werden, die nicht nur Akkordeon-Enthusiasten begeistern.

Doch andere ihrer Fähigkeiten waren fast noch wichtiger. Der Nachfolger als Dirigent des AOU, Rupert Fischer, der jahrzehntelang im Münchner Orchester mitgespielt hat, äußert sich wie folgt: „Wir alle haben ihre fordernde, fördernde und nie nachlassende motivierende Art geliebt, denn nur so haben wir als Einzelne und als Orchestergemeinschaft oft mehr leisten können, als wir uns selbst je zugetraut hätten.“ So hat die „Grand Dame des Akkordeons“ mit ihrer Begeisterung selbst im fortgeschrittenen Alter vielen Kindern und Jugendlichen weit mehr als nur das Akkordeon spielen und die Freude am gemeinsamen Musizieren beigebracht. Ingeborg Mückenberger hat sie über viele Jahre begleitet, wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung beigetragen und Gruppen geformt, aus denen nicht selten Freundschaften entstanden sind, die weit über die Orchesterproben hinausgehen. Dass man als langjähriger Orchesterspieler unter ihrer Leitung gelegentlich Ziel eines fliegenden Taktstocks oder eines erzürnten „Hergoles!“-Ausrufs geworden ist, wurde gerne als unverzichtbares didaktisches Hilfsmittel von „Mücke“ hingenommen (und insgeheim als Markenzeichen geliebt).

Die Mitglieder des AOU verneigen sich in Dankbarkeit vor Ingeborg Mückenberger, denn „was wir sind, was wir können und was wir in den 40 Jahren unseres Bestehens erreicht haben, verdanken wir zum allergrößten Teil unserer Ingeborg. Wir hoffen, dass sie zu den Klängen der Münchner Rhapsodie eine Bühne ohne Mühsal und Probleme betreten durfte.“

Akkordeonorchester Unterpfaffenhofen